Donnerstag, 28. Februar 2002

BAUHAUS-Stadt Dessau (Frühjahr 2002)

Das Bauhaus, 1919 von Walter Gropius in Weimar gegründet, verbindet man unmittelbar mit dieser Stadt. Es gilt als Deutschlands berühmteste Kunst- und Designeinrichtung der Klassischen Moderne.
Das Bauhausgebäude wurde 1925/26 nach Entwürfen von Walter Gropius erbaut und unter seiner Leitung als Hochschule für Gestaltung eröffnet.
Zeitgleich zum Bauhaus entstanden in Dessau - ebenfalls nach Entwürfen von Walter Gropius - die Meisterhäuser: drei Wohnhäuser mit Ateliers für die Meister am Bauhaus.

Fast auf den Tag genau 70 Jahre nach der Einweihung des Gropiusgebäudes in Dessau sind die Bauhausstätten in Dessau und Weimar im Dezember 1996 in die Welterbeliste der UNESCO aufgenommen worden.

In der offiziellen Begründung der UNESCO heißt es: "Das Bauhaus mit seinen Stätten in Weimar, Thüringen, und Dessau, Sachsen-Anhalt, steht für die sogenannte Bauhaus-Schule der Architektur, die zwischen 1919 und 1933 revolutionäre Ideen der Baugestaltung und Stadtplanung durchsetzte. Die Bauten der Bauhaus-Professoren von Walter Gropius bis Hannes Meyer, Lazlo Moholy-Nagy bis Wassily Kandinsky begründeten den Bauhaus-Stil, der die Architektur des 20. Jahrhunderts entscheidend geprägt hat."

In Dessau war die "Hochschule für Gestaltung" ein Pilgerort für die Crème der Avantgarde. Walter Gropius, Gründer, Organisator und Propagandist der Einrichtung, entwarf das Gebäude, das 1926 eingeweiht wurde. Das Dessauer Bauhaus zählt zu den Inkunabeln der Moderne. Von hier aus trat die neuzeitliche Gestaltung, die Idee der Moderne in Architektur und Design ihren Siegeszug an. Die "Meisterhäuser" in Dessau verkörpern den Bauhaus-Stil: kubische Gestaltung, ökonomische Raumaufteilung und -erschließung, vertikale und horizontale Fensterbänder, außen weiß, innen nach den individuellen Vorgaben der "Meister" farbig. Die Einrichtung stammte aus den Werkstätten des Bauhauses. Sie waren zugleich Künstlerhäuser und Musterbauten.


Bauhaus Kunst und Design – Geschichte (1919-1933)

Bauhaus
In der Geschichte von Kultur, Architektur, Design, Kunst und neuen Medien des 20. Jahrhunderts nimmt das Bauhaus eine besondere Rolle ein. Als eine der ersten Hochschulen für Gestaltung führte es eine Reihe der herausragendsten Architekten und Künstler seiner Zeit zusammen, war neben pädagogisch innovativer Ausbildungsstätte auch Produktionsort und Fokus internationaler Diskussionen. Wie kaum eine andere Institution hat sich das Bauhaus innerhalb einer krisenhaften Situation der Industriegesellschaft der Frage nach der Beherrschbarkeit des Modernisierungsprozesses mit den Mitteln der Gestaltung gestellt.


Die Meister und Studierenden des 1919 in Weimar gegründeten Bauhauses setzten sich zum Ziel, die Trennung von Kunst und Produktion in einem Zurück zum Handwerk als Grundlage allen künstlerischen Schaffens aufzuheben und durch vorbildliche Gestaltungen Gegenstände und Räume für eine künftige humanere Gesellschaft zu schaffen. Unter seinem Gründer und ersten Direktor Walter Gropius (1883-1969) vollzog das Bauhaus 1923 in einem inneren Klärungsprozess eine Hinwendung zur Industrie. Die 1923 unter dem neuen Leitgedanken "Kunst und Technik - eine neue Einheit" eröffnete Ausstellung präsentierte das gesamte Spektrum der Bauhausarbeit.

1924 geriet das Staatliche Bauhaus in Weimar infolge politischer Gegenwirkung der thüringischen Regierung in eine Krise. Die Mittel für das Bauhaus wurden so drastisch gekürzt, dass es sich einen neuen Wirkungsort suchen musste. Gespräche wegen der Übernahme des Instituts wurden mit Frankfurt am Main, Mannheim und Dessau geführt. Walter Gropius verhandelte 1925 mit Oberbürgermeister Fritz Hesse über die Ansiedlung des Bauhauses in Dessau. Ihm wurde nicht nur der Bau des Schulgebäudes zugesichert, sondern auch der einer Reihe von Wohnhäusern für Bauhausmeister.

Mit der Übersiedlung nach Dessau, in einer Phase wirtschaftlichen Aufschwungs, wurde das Bauhaus zur kommunal getragenen Hochschule für Gestaltung. Fast alle Meister vollzogen den Wechsel nach Dessau. Ehemalige Studierende übernahmen als Jungmeister die Leitung von Werkstätten. Von 1926 bis 1932 entstanden in Dessau berühmte Werke der Kunst und Architektur sowie einflussreiche Designentwürfe.

Von den ständigen Kämpfen um das Weiterbestehen des Bauhauses gezeichnet, trat Walter Gropius am 1. April 1928 von seiner Funktion als Direktor zurück. Sein Nachfolger wurde der Schweizer Architekt Hannes Meyer (1889-1954). Seine Arbeit zielte auf eine "harmonische Ausgestaltung der Gesellschaft". Durch die Ausrichtung auf die kostensparende industrielle Massenproduktion sollten Produkte für breite Bevölkerungsschichten erschwinglich werden. Trotz seiner Erfolge wurde in der zugespitzten innenpolitischen Lage ab 1929 die marxistische Orientierung Hannes Meyers für die Stadtväter zum Problem, ihm wurde 1930 gekündigt.

Unter Ludwig Mies van der Rohe (1886-1969) entwickelte sich das Bauhaus ab 1930 zu einer Art Technische Hochschule für Architektur mit zuarbeitenden Kunst- und Werkstattabteilungen. Nach dem Wahlsieg der Nationalsozialisten wurde das Bauhaus im September 1932 aus Dessau vertrieben. In Berlin, wohin die Schule übersiedelte, verblieb ihr nur noch eine kurze Zeit des Neubeginns. 1933 erfolgte unter dem Druck der Nationalsozialisten die Selbstauflösung des Bauhauses. Auf Betreiben der Nationalsozialisten wurde 1932 das Bauhaus in Dessau geschlossen und die Meisterhäuser anderweitig vermietet.

1932 wurde das Bauhaus Dessau von den Nationalsozialisten geschlossen. Das Gebäude wurde während dieser Zeit für die unterschiedlichste Zwecke genutzt, bis es 1945 teilweise zerstört wurde.

Erst 1976-78 konnte das Bauhausgebäude denkmalgerecht rekonstruiert werden. Im gleichen Jahr wurde das Wissenschaftlich-kulturelle Zentrum (WKZ) gegründet und mit dem Aufbau einer Bauhaus-Sammlung begonnen.

Ab 1986 nutzte das Bauhaus Dessau - Zentrum für Gestaltung das Gebäude.

1994 wurde die Stiftung Bauhaus Dessau gegründet, getragen von der Bundesrepublik Deutschland, dem Land Sachsen-Anhalt und der Stadt Dessau. Sie verfolgt zwei Ziele: das Erbe des historischen Bauhauses zu bewahren und der Öffentlichkeit zu vermitteln und angesichts dieses Erbes Beiträge zur Gestaltung der heutigen Lebensumwelt zu leisten.

Die Meisterhäuser von Walter Gropius (1925-26)

Die Meisterhäuser von Walter GropiusZeitgleich mit dem Bauhausgebäude entstanden die Wohnhäuser für die wichtigsten Meister des Bauhauses. Ein Einzelhaus für den Direktor sowie drei Doppelhäuser für sechs weitere Professoren wurden an der damaligen Burgkühnauer Allee in fussläufiger Entfernung zum Bauhausgebäude gebaut.

Walter Gropius, Laszlo Moholy-Nagy und Lyonel Feininger, Georg Muche und Oskar Schlemmer, Wassily Kandinsky und Paul Klee konnten Ende 1926 ihr neues Domizil beziehen. Wie beim Bauhausgebäude war die Stadt Dessau der Auftraggeber. Die Bauhausmeister wohnten zur Miete, die bedingt durch Größe und besondere Ausstattung der Häuser nicht gering war.

Den Künstlern standen hier großzügige Ateliers zur Verfügung, deren verglaste Fronten zu den bemerkenswertesten Gestaltungselementen der Häuser gehören. Neben den großzügigen Atelier- und Treppenhausfenstern ist vor allem die Farbgestaltung der Meisterhäuser bemerkenswert, die teilweise auf die Bauhaus-Werkstatt für Wandmalerei, teilweise auf die künstlerischen Vorstellungen der einzelnen Bewohner zurückgeht.

Mit den Meisterhäusern sollte auch eine neue Art zu wohnen demonstriert werden. Besonders das Haus Gropius wies eine Fülle bemerkenswerter Details auf, vom begehbarem Kleiderschrank über die "Heißwasser-Soda-Dusche" der Spülküche bis zum zusammenschiebbaren Doppelsofa. Auf diesem Gebiet sollte sich die damalige Voraussicht von Gropius bestätigen: "heute wirkt vieles noch als Luxus, was übermorgen zur Norm wird", schrieb er 1930 mit Bezug auf die Innenausstattung der Meisterhäuser.

Bei den Meisterhäusern wirken die Baukuben wie ineinander geschoben, sie überlagern und durchdringen sich. Die horizontale Lagerung der Kuben wird durch scheibenartige Balkone unterstrichen, während die Treppenhausverglasungen vertikale Akzente schaffen. Die ästhetische Wirkung wird bewusst verstärkt durch die Einbeziehung der Natur mit der Brechung der strengen Geometrie durch die Kiefern.

Die Bauhauswerkstätten waren maßgeblich für die Innengestaltung der Häuser verantwortlich. Aus der Metallwerkstatt kamen Beleuchtungskörper, die Einbauschränke, einheitlich in allen Wohnungen zwischen Anrichte und Speisezimmer sowie zwischen Schlafzimmer und Atelier, wurden in der Tischlerei gefertigt.

Nachdem die Bauhäusler Dessau verlassen hatten, wurden die Häuser anderweitig vermietet. 1939 wurden die Meisterhäuser an die Junkers-Wer
Die Meisterhäuser von Walter Gropius
ke mit der Auflage verkauft, "diese Häuser .... außen jetzt umzugestalten so dass die wesensfremde Bauart aus dem Stadtbild verschwindet." (Ratsentschließung, 2.2.1939). Die Umbauten betrafen u. a. die Atelierfenster und markant hinzugefügte Schornsteine. Sie veränderten die Erscheinung der Meisterhäuser beträchtlich.

Seit 1945 ist die Siedlung wieder Eigentum der Stadt. Nicht alle Häuser haben den Krieg überstanden. Vom Direktorenhaus sind nur die Garage und das Souterrain erhalten. Auf diesem wurde 1956 von Privathand ein traditionelles Wohnhaus mit Satteldach errichtet. Auch die Haushälfte, in der die Familien Moholy-Nagy und später Albers gewohnt hatten, wurde zerstört. Die unbeschädigten Häuser wurden als Wohnhäuser, das Feiningerhaus als Poliklinik genutzt.


Sanierung der Meisterhäusern

Anfang der neunziger Jahre begann mit der Sanierung der Haushälfte Feininger (1994) die umfangreichen Maßnahmen zum Erhalt und zur Rekonstruktion der Meisterhäuser. Mit großzügiger Unterstützung von Sponsoren konnten die Häuser Kandinsky/Klee (1999/2000) und Muche/Schlemmer (2001/2002) rekonstruiert werden.
UNESCO WeltkulturerbeMit Beendigung der Sanierung des Muche-Schlemmer-Hauses wird der Gesamteindruck des Ensembles wieder erkennbar, auch wenn zwei der ursprünglich sieben Gebäude nicht mehr vorhanden sind.

Die fünf heute noch erhaltenen Meisterhäuser können besucht werden. Das Ensemble der Meisterhäuser wurde 1996 zusammen mit dem Bauhausgebäude in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen.
Letzte Aktualisierung: Mai 2002 - © Anke Schlingemann und Detlef Hälker

Reiseführer
Grüner Reiseführer Deutschland - Michelin Guide Verde
Wenn wir in Deutschland unterwegs sind, ist "Der grüne Reiseführer Deutschland", erschienen im Michelin Reise-Verlag, unser ständiger Begleiter. Das im Reisebericht verwendete *-System wurde hieraus übernommen.
Hinweis zum *-System: 
*** ist eine Reise wert
** verdient einen Umweg
* besonders sehenswert